Freiarbeit mit zwei Pferden
Positive Verstärkung in Pferdegruppen
Je mehr Pferde gleichzeitig trainiert werden sollen, desto höher sind die Anforderungen an den*die menschliche*n Trainer*in. Denn Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen, gleichzeitig Fortschritte im Training zu erkennen und zu markern und dafür zu sorgen, dass jedes Pferd gesehen und gewertschätzt wird, ist nicht einfach zu erreichen. Möchte man nun mit den eigenen Pferden gemeinsam arbeiten, so bietet es sich an zunächst mit zwei Tieren zu starten und die Anzahl erst zu erhöhen, wenn dieses Stadium gut funktioniert. Im Video sehen wir wie Chantal die Freiarbeit mit zwei Ponys umsetzen, mit ihrer Islandpferdestute Fidla und der Shettystute Fanny.
Ausgangspunkt: Eine steht, die andere geht
Zu Beginn hat es sich bewährt, nicht beide Pferde gleichzeitig in Bewegung zu trainieren, sondern mit dem Prinzip des Bodentargets zu arbeiten. Dabei steht ein Pferd auf einem Bodentarget oder wenn es wie Fidla sehr erfahren ist im freien Stehen auch einfach so an einem Platz, während das andere Pferd aktiv ist und wie in diesem Falle Fanny seine Runden um das stehende Tier herum dreht. Wichtig ist dabei sich für beide Pferde klare, einfache Click-Kriterien zu überlegen. Während Fidla also nur dann geclickt wird, wenn sie wirklich ruhig mit allen vier Beinen am Platz steht, geht es bei Fanny um die Bewegung. Dafür ist ein gutes Timing nötig. Chantal führt Fanny zu Beginn im Kreis herum, um ihr die Aufgabe zu verdeutlichen.
Aus der Ruhe in die gemeinsame Bewegung
Erst wenn es klappt, dass beide Pferde ruhig nebeneinander stehen können und eines das andere umrunden kann, kann man mit der Arbeit in schnellerer Gangart beginnen. Im Video sehen wir wie die beiden Stuten nebeneinander traben. Zunächst bleibt Chantal dabei in der Mitte zwischen den Pferden um gezielt füttern zu können und bei Bedarf etwas ordnend eingreifen zu können. Sinnvoll ist es in diesem Stadium zu prüfen welche Geschwindigkeit welches Pferd bevorzugt und damit besser innen oder außen läuft. Das Ganze wiederholen wir natürlich in beide Richtungen um auch da Vorlieben der Tiere zu entdecken.
Persönlichkeiten im Blick behalten
Gerade bei der Freiarbeit kommen so die unterschiedlichen Charaktere und Temperamente der einzelnen Tiere deutlich zum Vorschein. Wir erkennen bei dieser Art der Arbeit schnell welches Pferd aktiver ist und gerne schnell läuft oder sich expressiv darstellt und welches eher ruhig und verhalten läuft und sich wohler in der passiveren Rolle fühlt. Das zu erkennen ist wichtig für die Planung des weiteren Trainings. Je mehr Pferde dazu kommen, desto wichtiger wird es zu erkennen, wo und mit welcher Lektion der beste Platz für ein bestimmtes Pferd in der Gruppe ist. Nur so wird keines überfordert, sondern gemäß seines Wesenstyps ideal gefördert. Denn diese Art der Arbeit soll ja allen Beteiligten Spaß bringen und nicht für ein neues Stressfeld sorgen. Daher eignen sich auch nur Pferde für die gemeinsame Freiarbeit, die auch in der Herde im Alltag gut miteinander zurechtkommen.
Was ist der Unterschied zur Freiheitsdressur?
Ich unterschiede gerne die Begriffe Freiarbeit und Freiheitsdressur um zu verdeutlichen, dass es bei dem einen, bei der Freiarbeit wirklich um den Prozess der Erarbeitung geht. Also um das Entdecken, Verändern und Erleben der einzelnen Situation und nicht wie bei der Freiheitsdressur darum, eine bestimmte Abfolge an Lektionen hintereinander und möglichst perfekt zu trainieren und abzurufen. Das eine ist also mehr alltagsorientiert, während das andere eher die Arbeit an einer vollständigen Zirkusnummer an einem Trick ist. Bei der Freiarbeit steht das Lernen einer Form der Kommunikation im Vordergrund und weniger das Abrufen bereits gelernter Tricks. Im Idealfall verfeinert sich die Kommunikation nach und nach immer mehr, so dass jedes einzelne Pferd sowohl in der Gemeinschaft agieren kann als auch in Gegenwart der anderen Solo-Übungen zeigen kann.
Gemeinsam Zeit zu verbringen, ist doch das Allerschönste, Marlitt
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Marlitt Wendt
Ich bin Verhaltensbiologin und eine Pionierin auf dem Gebiet des Trainings mit positiver Verstärkung für Pferde. Das was zunächst als private Leidenschaft begann, ist seit fast 20 Jahren meine Berufung. Ich habe meinen Traum verwirklicht und durfte mein Wissen und meine Erfahrung als Autorin in vielen Sachbüchern und Fachartikeln veröffentlichen und als Dozentin auf Seminaren im gesamten deutschsprachigen Raum in der Praxis umsetzen. RPlus ist nun die Quintessenz meiner bisherigen Arbeit. Mit RPlus als Idee, positive Verstärkung in ihrer Gesamtheit darzustellen und den Grundgedanken des Gebens wirklich zu leben, veröffentliche ich hier lerntheoretische Inspirationen, meine eigenen Ausbildungskonzepte und persönliche Einblicke in meine Pferdewelt.
Conny Ranz
Ich bin Pferdefotografin und Grenzgängerin. Mit meiner Kamera bewege ich mich zwischen den Welten. Zwischen Tier und Mensch, zwischen Traum und Realität. Pferde ihrer Natur entsprechend in ihrer ganzen Persönlichkeit zu zeigen, begeistert mich damals wie heute. Dazu bin ich unter anderem europaweit auf den Spuren der Wildpferde unterwegs. Diese Begegnungen erwecken stets den Mut zur Freiheit in mir. Mit meinen Bildern durfte ich bereits an einigen Buchprojekten namhafter Verlage sowie in diversen Pferdemagazinen mitwirken. Vor allem aber verleihe ich damit unserem gemeinsamen Herzensprojekt RPlus aus vollster Überzeugung Flügel.