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RPlus | Schnappen als Stresssymptom bei Pferden
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Geduldsprobe Schnappen

 

Ein schnappendes Pferd kann eine nervenaufreibende Geduldsprobe für den*die Trainer*in sein. Oft genug sieht man auch im Training mit positiver Verstärkung Pferde, die permanent mal mehr mal weniger heftig nach dem Menschen an ihrer Seite schnappen. Ob nun ganz leicht die Jacke zwischen den Lippen verschwindet oder das Pferd einem schmerzhaft in den Arm zwickt – jede Version dieses Verhaltens ist ein Zeichen dafür, dass wir auf Ursachenforschung gehen sollten, um das Training für beide Seiten entspannter zu gestalten.

Denn Stress hat viele Gesichter

 

Natürlich gibt es Pferde, die einfach noch nicht gelernt haben mit Futter umzugehen. Sie sind viel zu aufgeregt und versuchen noch auf direktem Wege an das Futter im Training zu gelangen und zeigen das gesamte Repertoire an „Unhöflichkeiten“, wie etwa Drängeln, Lektionen vorwegnehmen oder aber auch eben das Schnappen. Diese Pferde können mit gezieltem Höflichkeitstraining – welches bei einigen hartnäckigen Kandidat*innen sicher häufig und langfristig gefestigt werden muss – gut daran gewöhnt werden, dass es Futter nur als verdiente Belohnung für höfliches Verhalten gibt.

Schnappen kann aber auch ein direkter Stress-Indikator sein

 

Immer dann wenn Pferde „eigentlich“ schon höflich sind, Futter im Training ruhig entgegen nehmen können und den Menschen nicht bedrängen, können Einheiten, in denen die Höflichkeit plötzlich auf der Strecke bleibt, Hinweise auf den aktuellen Stress-Level des Pferdes geben. Viele Pferde quittieren nämlich menschliche Trainingsfehler, kleine Ungenauigkeiten oder unstrukturierte Übungseinheiten mit diversen Stress-Symptomen. Eines davon kann das Schnappen sein. Immer wenn der Erregungsgrad einen bestimmten Level überschreitet, erlebt das Pferd das Training nicht mehr nur positiv und spannend, sondern reagiert frustriert oder gestresst.

Das Schnappen als Ventil

 

Gestresste Pferde suchen sich generell oft ein Ventil um ihre innere Unruhe auszudrücken. Während der eine Typ immer mehr herumzappelt oder tänzelt, reagiert ein anderes mit dem Stress-Schnappen. Je nachdem wie hoch man den Erregungsgrad werden lässt und je nachdem wie viel Frust und unterschwellige Aggressionen beteiligt sind, desto heftiger kann das Schnappen je nach Temperament des Pferdes ausfallen. Deshalb hilft nicht nur Höflichkeitstraining, um das Schnappen zu reduzieren, sondern es ist dann generell nötig auf verschiedenen Ebenen für mehr Entspannung im Training zu sorgen. Mögliche Trainingsansätze können unter anderem folgende sein:

1) Die eigenen Trainer*innen-Skills checken

 

Oft werden Pferde unabsichtlich vom Menschen gestresst, indem mit unklaren Kriterien, einer unpassenden Belohnungsrate oder zu viele Anfragen in kurzen Zeitabständen gearbeitet wird. Es hilft sehr sich selbst immer wieder in Frage zu stellen und zu schauen ob die Trainingseinheit wirklich klar und strukturiert aufgebaut ist und die Signale schrittweise eingeübt werden und in einer eindeutigen Signalgebung abgefragt werden.

2) Mehr Pausen

 

Stress entsteht unmittelbar aus einem erhöhten hormonellen Erregungslevel. Ein schnappendes, gestresstes Pferd wird daher grundsätzlich immer ein Stück weit zu aufgeregt für die gestellte Aufgabe sein. Somit wären alle Handlungen sinnvoll, welche zur allgemeinen Beruhigung beitragen können. Dazu gehören unbedingt die verschiedenen Arten von Pausen, wie zum Beispiel Kraulpausen, Heupausen oder schlicht etwas umherwandern ohne direkte Kommunikation. Pausen sind ein essentieller Bestandteil jeder Trainingseinheit. Sie sollten eingebaut werden, bevor das Pferd sichtbar gestresst ist. Bei einem erfahrenen Pferd kann man so auf einen Anteil von 50 % Pause und 50 % Action kommen, bei einem unerfahrenen können es durchaus 80% der Zeit sein, die wir effektiv in der Pause verbringen.

3) Wertigkeit des Futters beachten

 

Die Faustregel lautet: Je hochwertiger und attraktiver das Futter, desto wahrscheinlicher ist es, dass unser Pferd aus Aufregung in Stress gerät und dadurch wiederum zum Schnappen neigen kann. Bei den meisten Pferden stehen Äpfel, aromatisiertes Müslifutter oder industriell gefertigte Leckerlis hoch im Kurs. Diese Futtermittel würde ich bei einem Stress-Schnappi daher vorerst von der Einkaufsliste streichen. Niedrigwertiges Futter ist bei den meisten Pferden Heu und aus Heu gefertigte Pellets zum Trockenfüttern, getrocknete Hagebutten, Leinkuchen, Pastinaken oder in Würfel geschnittene Sellerieknollen. Möhren und Hafer liegen für viele Pferde in der Beliebtheit irgendwo in der Mitte.

4) Fütterungstechnik

 

Auch die eigene Futterübergabe beeinflusst die Neigung aus Stress zu schnappen ganz entscheidend. Wer Futter oft auf dem Weg zum Pferdemaul fallenlässt oder es unsanft überreicht oder aber immer wieder auch nur minimal mit der Hand zurückzuckt während das Pferd das Futter aufnehmen möchte, der provoziert ein Schnappen geradezu. Daher gilt es die eigene Futterübergabe wirklich immer wieder zu üben. Ruhige Bewegungen und gezieltes Auswählen eines Futterpunktes helfen dabei ein Schnappen gar nicht erst aufkommen zu lassen.

5) Leckerligröße

 

Gerade Jungpferde im Zahnwechsel neigen manchmal dazu zu schnappen, wenn sie mit der Größe der Futterbelohnung überfordert sind. Oft eigenen sich mittelgroße Futtergrößen von ca. 10mm Länge. Kleinere Futterstückchen bzw. Getreidekkörner wie Hafer müssen anders aufgenommen werden als größere Bröckchen. Wir müssen hier ein wenig mit der Darreichungsform experimentieren und die Reaktion des Pferdes darauf genau beobachten. Bei einigen hartnäckigen Stressschnappern kann es auch hilfreich sein übergangsweise Möhren in größere Stücke zu schneiden und Handschuhe zu tragen, bis das Pferd sich an eine ruhige Futteraufnahme gewöhnt hat.

Ein wundervolles Beisammensein wünsche ich euch, Marlitt

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Marlitt Wendt

 

 

Ich bin Verhaltensbiologin und eine Pionierin auf dem Gebiet des Trainings mit positiver Verstärkung für Pferde. Das was zunächst als private Leidenschaft begann, ist seit fast 20 Jahren meine Berufung. Ich habe meinen Traum verwirklicht und durfte mein Wissen und meine Erfahrung als Autorin in vielen Sachbüchern und Fachartikeln veröffentlichen und als Dozentin auf Seminaren im gesamten deutschsprachigen Raum in der Praxis umsetzen. RPlus ist nun die Quintessenz meiner bisherigen Arbeit. Mit RPlus als Idee, positive Verstärkung in ihrer Gesamtheit darzustellen und den Grundgedanken des Gebens wirklich zu leben, veröffentliche ich hier lerntheoretische Inspirationen, meine eigenen Ausbildungskonzepte und persönliche Einblicke in meine Pferdewelt.

Conny Ranz

 

 

Ich bin Pferdefotografin und Grenzgängerin. Mit meiner Kamera bewege ich mich zwischen den Welten. Zwischen Tier und Mensch, zwischen Traum und Realität. Pferde ihrer Natur entsprechend in ihrer ganzen Persönlichkeit zu zeigen, begeistert mich damals wie heute. Dazu bin ich unter anderem europaweit auf den Spuren der Wildpferde unterwegs. Diese Begegnungen erwecken stets den Mut zur Freiheit in mir. Mit meinen Bildern durfte ich bereits an einigen Buchprojekten namhafter Verlage sowie in diversen Pferdemagazinen mitwirken. Vor allem aber verleihe ich damit unserem gemeinsamen Herzensprojekt RPlus aus vollster Überzeugung Flügel.

AUTHOR: Marlitt Wendt