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RPlus | Quellen der Motivation
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Effektiv trainieren

 

Um das eigene Training und die Pferdeausbildung so effektiv wie möglich gestalten zu können, hat es sich für mich bewährt systematisch vorzugehen. Um zu analysieren, was warum funktioniert und an welchem Punkt im Trainingsplan es hakt, ist es ungemein hilfreich, den Trainingsprozess unter unterschiedlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Dabei gibt es eine schnelle, stark vereinfachte Methode, das ABC-System, ebenso wie eine wesentlich komplexere Vorgehensweise, das SORCK-Verfahren (auch als SORKC-Modell bezeichnet).

(Ihr könnt mit der Maus oder dem Finger über die Bilder fahren für eine andere Ansicht)

Mit der systematischen  Verhaltensanalyse

 zu mehr Erkenntnis im Pferdealltag.

Probier es selbst aus!

Und lerne.

Das ABC-System im Training

 

Das ABC im Training steht für die 3 wichtigsten Bereiche, auf die wir im Training immer wieder isoliert den Blick lenken sollten. Der Buchstabe A steht dabei für den englischen Begriff „Antecedant“, also in etwa Vorläufer oder Vorankündigung, der Buchstabe B für „Behavior“, also Verhalten und der Buchstabe C für „Consequence“ also Konsequenz im Sinne von Folge von etwas. Wenn wir uns schnell einen Überblick über Schwachstellen und Potentiale im Training zu verschaffen, reicht es meist das ABC-System anzuwenden:

A wie Antecedant oder Verhaltensursache

 

Beobachtet man ein Wildpferd in seiner natürlichen Umgebung, so wird man in dieser Rubrik alle auslösenden Faktoren für ein Verhalten notieren, wie etwa Hunger, Hormonstatus oder die Annäherung an ein Herdenmitglied. Hier geht es sowohl um die innere Motivation aus der heraus das Pferd handelt, wie auch um die äußeren beobachtbaren Faktoren, die das Verhalten initiieren und lenken.

In der Praxis

 

Im Trainingsprozess steht die Rubrik der möglichen As, also der Antecendants für alles, was direkt vor dem eigentlich zu beobachtbaren Verhalten passiert und mit ihm im Zusammenhang steht. Das kann das eigene Signal sein, was wir trainieren wollen, bestimmte eigene Handlungen wie eine zu frühe Handbewegung zur Futtertasche, ein unbeabsichtigtes Signal, aber auch Umgebungsfaktoren, wie Geräusche, Gegenstände oder Gerüche sein. All das zu notieren hilft uns dabei zu entdecken, was alles einen Einfluss auf den späteren Trainingserfolg haben kann und an welcher Stelle eventuell etwas geändert werden muss. Vielleicht ist eben genau der vorschnelle Griff zum Futterbeutel das Element, was den angestrebten Trainingserfolg immer wieder von uns unbemerkt zunichte macht.

B wie Behavior oder Verhalten

 

Das eigentliche zu beobachtende Verhalten wird in der systematischen Verhaltensanalyse genauestens betrachtet. In seiner Ausprägung ebenso wie in seiner Schnelligkeit und der Art der Ausführung. Dabei hilft es ungemein sich genau die Merkmale in den Fokus zu rücken, die meist im verborgenen bleiben. Einer deutlichen Bewegung gehen etwa immer Muskelzuckungen voraus. Man kann eine Bewegungsrichtung immer im Voraus an der Haltung und Ausrichtung des Pferdekörpers und des Schwerpunktes erahnen. Entdecken wir also schon die kleinsten charakteristischen Muskelzuckungen, so können wir ganz exakt belohnen und das Timing maßgeblich verbessern.

C wie Consequence oder Folge

 

Im Falle des positiven Pferdetrainings ist die Folge, also die Konsequenz, genau der Bereich des von uns gesteuerten Belohnungsprozesses. Hier finden wir alles, was mit der Exaktheit unseres Markersignals zu tun hat, wie unsere Fütterungstechnik ist oder auch die Wahl und Häufigkeit der Belohnung an sich. Es geht hier darum zu entdecken welche Verstärker eigentlich in welchem Ausmaß auf das Verhalten und seine Details wirken. Nicht nur auf das eigentliche Trainingsziel, sondern auch auf Nebenaspekte. Vielleicht zeigt das Pferd zwar einen schönen Spanischen Schritt, wird dabei jedoch nervös und immer fordernder. Da hilft es herauszufinden, welche Verstärker auf diese nicht erwünschten Teilaspekte des Verhaltens des Pferdes wirken. Vielleicht ist die Belohnung zu attraktiv gewählt und regt das Pferd innerlich auf oder die Fütterungstechnik des Menschen lässt zu wünschen übrig und des öfteren fällt ein Leckerli auf dem Weg zum Pferdemaul herunter? Hierher gehört auch, in welcher Körperhaltung ich das Futter eigentlich überreichen will und was ich schon mit einer kleinen Modifikation bei der Futtergabe erreichen könnte.

Das SORCK-Modell

 

Wollen wir den eigenen Trainingsprozess noch genauer unter die Lupe nehmen, bietet es sich an auf das SORCK-Modell zurückzugreifen. Es ist quasi eine Erweiterung des ABC-Models (ursprünglich Lindsay 1964, Kanfer Saslow 1969) Im positiven Pferdetraining hilft diese sehr genaue Form der Verhaltensanalyse dabei einen noch tieferen Einblick in die verschiedenen Trainingsebenen zu gewinnen.

S wie Stimulus oder Reiz

 

Unter dem Begriff Stimulus wird alles gefasst, was das Verhalten des Pferdes auslöst, also einen direkten Handlungsimpuls gibt. Es gibt sowohl innere als auch äußere Faktoren, die hier zu nennen sind, konditionierte Reize ebenso wie unkonditionierte Stimuli.

Ein Beispiel für einen solchen Stimulus ist etwa das Zischen einer Sprühflasche beim Einsprühen mit Fligenspray.

O wie Organismusvariable

 

Unter dem Stichwort Organismusvariable wird alles zusammengefasst was über das Individuum Pferd zu beobachten oder bekannt ist. Der Charakter des Pferdes, sein Körperbau, seine individuelle Lebensgeschichte und Lernhistorie ist ebenso wichtig wie sein Futterzustand oder seine gesundheitliche Konstitution. Kurz gefasst geht es um die biologischen, psychischen und sozialen Aspekte, die den Trainingserfolg und die Reaktion auf einen Reiz hin beeinflussen.

Mein PRE Harry auf den Fotos ist ein erfahrenes Pferd, welches bereits in der Lage ist ohne Halfter und Führstrick stehen zu bleiben, auch wenn mit Spray gearbeitet wird. Er kennt verschiedene Aspekte des Medical Trainings.

R wie Reaktion

 

Darunter wird die Reaktion des Pferdes auf den Stimulus auf allen Ebenen gefasst. Es geht ebenso um die Verhaltensebene, wie auch um die emotionale Ebene, die kognitive oder aber die physiologische Reaktion auf den vorausgehenden Reiz.

Bei Harry sehen wir keine Ausweichbewegung. Er schildert mit dem rechten Hinterbein. Dennoch zeigt sein Gesichtsausdruck, dass er nicht vollständig entspannt ist. Er zeigt ein verengtes Nasenloch, angespannte Kaumuskulatur und eine seitlich nach hinten gerichtete Öffnung der Ohren. All das sind Merkmale, die dafür sprechen, dass ihm das Sprühen nicht ganz angenehm ist.

C wie Consequence oder Konsequenz

 

Der Begriff Konsequenz bezieht sich in der systematischen Verhaltensanalyse auf die sich aus Sicht des Pferdes ergebenden Folgen des Verhaltens. Dabei existieren Verstärker, bewusste und unbewusste Belohnungseffekte ebenso wie als Bestrafung empfundene Faktoren oder aber die Vorenthaltung einer Belohnung. Die immense Bedeutung der wahrgenommenen Konsequenzen für das Pferd ist für unseren Umgang so wichtig, weil wir hier einen maßgeblichen Einfluss auf den Verlauf des Trainings haben. Diese empfundenen Konsequenzen entscheiden darüber, ob ein Verhalten in Zukunft häufiger gezeigt, also verstärkt wird, oder aber seltener und sich immer mehr abschwächt. Ist beispielsweise mein Leckerli bestehend aus kleinen Heupellets als Verstärker zu schwach, so wird sich die Verhaltensantwort immer weiter verschlechtern, auch wenn ich diese „Belohnung“ noch so häufig und mit gutem Timing übergebe.

Bei Harry haben wir das Zischen als Konsequenz mit Futter belegt. Ausnahmslos jedes Zischen führt dabei zu einer Belohnung. So wird das Geräusch zu einem sekundären Verstärker.

K wie Kontingenz

 

Unter Kontingenz verstehen man in der wissenschaftlichen Verhaltensanalyse die Regelmäßigkeit der Konsequenz. Wir stellen uns hier die Frage, ob das Pferd überhaupt eine Regelmäßigkeit erkennen kann und auch welchen Verstärkerplan, welchen Rhythmus einer Belohnung wir auswählen können.

Wir arbeiten hier mit einer kontinuierlichen Belohnungsrate. Jedes Zischen führt zu einer Belohnung. Um genügend Wiederholungen zu schaffen, kann immer wieder kurz gesprüht und direkt belohnt werden. Auf eine variable Verstärkungsrate würden wir erst wechseln, wenn Harry konstant wie auf dem Foto positiv auf das Sprühen reagiert.

Ein Beispiel aus meiner Praxis

 

Julie ist eine große Hannoveranerstute, die nicht auf den Hänger gehen wollte. War sie einmal verladen, so stand sie während der Fahrt ruhig im Anhänger, fraß aber kein Heu. Sobald allerdings die Klappe geöffnet wurde, versuchte sie rückwärts zu rennen und hat dabei mehrfach für Tier und Mensch gefährliche Situationen verursacht. Die Analyse nach dem SORCK-Modell hat uns sehr schnell auf viele mögliche Ansatzpunkte im Training gebracht. Einen Ausschnitt möchte ich hier erwähnen:

S wie Stimulus

Aspekte unter S

 

Meideverhalten der Stute wenn sie überhaupt in Richtung Parkplatz geführt werden sollte.

Deutliche Unruhe beim Anblick des Hängers.

Ansatz auf der Stimulus Ebene

 

Schon bei der bloßen Betrachtung der Stimulus-Ebene wurde deutlich, dass eine Verhaltenstherapie und ein erfolgreiches stressarmes Training in diesem Falle nicht erst beim Training zum Betreten des Hängers beginnt, sondern bei der Neubelegung der vorausgehenden Situation. Julie sollte schöne Erfahrungen auf dem Parkplatz sammeln und den Hänger als Ort für Futter kennenlernen ohne sich direkt mit dem Thema Fahren auseinandersetzen zu müssen.

O wie Organismusvariable

Aspekte unter O

 

Grundsätzlich reaktiver Charakter.

Enorme Körpergröße mit 1,78m Stockmaß.

Berührungsempfindlich.

Jugendliches Alter mit 4 Jahren.

Ansatz auf der Ebene der Organismusvariable

 

All diese Organismusvariablen können helfen Lösungsansätze zu formulieren. Konkret in diesem Falle bedeutete es Arbeit an der übermäßigen Reaktivität und der Berührungsempfindlichkeit. Darüber hinaus passte sie eigentlich nicht wirklich in die Pferdeanhänger in Standardgröße, sie war einfach zu lang und zu groß. Der Kauf eines neuen an ihre Körpermaße angepassten Anhängers konnte das Problem entscheidend verbessern.

R wie Reaktion

Aspekte unter R

 

R(motorische Ebene): Unsicherheit unebener Boden Hängerklappe.

R(motorische Ebene): Seitliches Abrutschen von der Klappe.

R(emotionale Ebene): Stress und Angst

R(physiologische Ebene): Erhöhte Atemfrequenz, spontanes Schwitzen

Ansatz auf der Ebene der Reaktion

 

Die Verhaltensreaktion von Julie war eindeutig. Sie versuchte aus Angst vor der dem Betreten der Klappe und der Enge im Pferdeanhänger die Situation komplett zu vermeiden. Der Stress beim Fahren war offenbar groß genug, sie am Fressen zu hindern. Auch hier können die unterschiedlichen Aspekte in einem späteren Trainingsplan einzeln geübt werden. Es können Bodenunebenheiten, Brücken oder Holzplanken erkundet werden und das Stehen in sukzessive enger werdenden Bereichen geübt werden.

C wie Consequence

Aspekte zu C

 

C kurzfristig: Julie vermeidet das Einsteigen in den Hänger

C langfristig: Die Beziehung zwischen Mensch und Pferd wird schlechter

Ansatz auf der Consequence Ebene

 

Die Einführung neuer positiver Konsequenzen wie die Arbeit mit Futterlob gehörte ebenso zum Trainingsplan wie ein Beenden der Strafen in Form von Seilschlenkern und Touchieren mit der Gerte. So konnte eine Neubelegung der gesamten Situation herbeigeführt werden, indem die für Julie so negativ besetzten Folgen aus der Vergangenheit nun mit Hilfe des Belohnungslernens in einen neuen positiven Kontext eingebettet wurden.

K wie Kontingenz

Aspekte zu K

 

Körpersprachliche Anzeichen für Angst und Stress traten ausnahmslos bei jeder Konfrontation mit dem Anhänger auf.

Ansatz auf der Kontingenz Ebene

 

Der Leidensdruck war sowohl für Julie wie auch für ihre Besitzerin immens hoch. Schon eine Verringerung der Häufigkeit der belastenden Situation führte zu einer Verbesserung der Beziehung der beiden. Wird uns wie bei diesem Beispiel deutlich, dass das jeweilige Pferd Meideverhalten oder Anzeichen für Stress immer in diesen Situationen nach außen kommuniziert, müssen wir dies als eine unzumutbare Belastung für das Tier wahrnehmen.

Die Verhaltensanalyse als Wegbereiterin

 

Die genaue Verhaltensanalyse hilft uns nicht nur unser Training harmonischer und effektiver zu gestalten, sondern viele kleine Momente des Unwohlseins werden uns dabei so ebenso von unserem Pferd vor Augen geführt. Wir können aber nun diesen „kleinen Baustellen“ unseres Alltag auf ganz verschiedenen Ebenen begegnen und die großen Probleme in kleine lösbare Teilaufgaben auffächern. Mal können wir auf Ebene der Organismusvariable agieren, indem wir etwa das Bewegungsbedürfnis des Pferdes respektieren und es sich erst einmal im Spiel auspowern darf, bevor wir seine Konzentration für die Bodenarbeit fordern. Oder wir sehen Verbesserungspotential auf der Stimulus Ebene, wie führen wir unsere Signale aus oder in welcher mentalen Verfassung befinde ich mich eigentlich im Training?

Kleine Veränderungen, große Wirkung

 

Manchmal sind es eben die kleinen Dinge, die plötzlich zu einer riesigen Veränderung führen. Vielleicht merkt man auch manchmal, dass unser Problem gar nicht so groß ist wie das Pferd, das da vor uns steht, sondern welche kleinen Reaktionen in uns eigentlich unsere Trainingsbeziehung beeinflussen, denn auch wir Menschen bewegen uns bei der Beschäftigung mit dem Pferd durch unseren eigenen SORCK-Zyklus.

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Marlitt Wendt

 

Ich bin Verhaltensbiologin und eine Pionierin auf dem Gebiet des Trainings mit positiver Verstärkung für Pferde. Das was zunächst als private Leidenschaft begann, ist seit fast 20 Jahren meine Berufung. Ich habe meinen Traum verwirklicht und durfte mein Wissen und meine Erfahrung als Autorin in vielen Sachbüchern und Fachartikeln veröffentlichen und als Dozentin auf Seminaren im gesamten deutschsprachigen Raum in der Praxis umsetzen. RPlus ist die Quintessenz meiner bisherigen Arbeit. Mit RPlus als Idee, positive Verstärkung in ihrer Gesamtheit darzustellen und den Grundgedanken des Gebens wirklich zu leben, veröffentliche ich hier lerntheoretische Inspirationen, meine eigenen Ausbildungskonzepte und persönliche Einblicke in meine Pferdewelt.

Conny Ranz

 

Ich bin Pferdefotografin und Grenzgängerin. Mit meiner Kamera bewege ich mich zwischen den Welten. Zwischen Tier und Mensch, zwischen Traum und Realität. Pferde ihrer Natur entsprechend in ihrer ganzen Persönlichkeit zu zeigen, begeistert mich damals wie heute. Dazu bin ich unter anderem europaweit auf den Spuren der Wildpferde unterwegs. Diese Begegnungen erwecken stets den Mut zur Freiheit in mir. Mit meinen Bildern durfte ich bereits an einigen Buchprojekten namhafter Verlage sowie in diversen Pferdemagazinen mitwirken. Vor allem aber verleihe ich damit unserem gemeinsamen Herzensprojekt RPlus aus vollster Überzeugung Flügel.

AUTHOR: Marlitt Wendt