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RPlus | Wirklich verspielt? Das Spielgesicht des Pferdes
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Wie erkennt man das Spielgesicht des Pferdes?

 

Bei der Freiarbeit, in der Freiheitsdressur bei Shows oder auch bei der Erarbeitung von Zirkuslektionen sieht man viele Pferde, die ihre Ohren anlegen oder andere Anzeichen von Aggressionen oder Stress zeigen. Oft genug wird ein Standardargument ins Feld geführt, um aufkommende Diskussionen im Keim zu ersticken: „Alles Spiel – das Pferd zeigt doch bloß sein Spielgesicht.“ Nun was hat es mit dem Spielgesicht wirklich auf sich? Und welche Merkmale sind aussagekräftige Anzeichen dafür, dass ein Spiel dann doch zu kippen droht?

Zoom

Spielgesicht in Worten

 

Im Spiel zeigen Pferde ihre Lebensfreude über eine weiche Gesichtsmuskulatur, runde, große, leuchtende Augen und vor allem auch über die bei jeder Art von Erregung vorgeschobene Oberlippe. Diese kann rüsselartig verlängert erscheinen und wird sowohl bei Laufspielen als auch bei ruhigen Objektspielen oder bei spielerischen Rangeleien gezeigt. Besonders beim Laufspiel können die Ohren komplett flach an den Schädel gepresst werden. Pferde schlüpfen im Spiel gewissermaßen in verschiedene Rollen. Sie spielen Jäger*in und Gejagte*r und wechseln diese Rollen im Spielverlauf immer wieder mit ihren Spielgefährt*innen. Hierbei können sie innerhalb einer Spielsequenz durchaus eine überzeugende aggressive Drohmimik präsentieren. Für dieses ausgelassene Spiel schauspielern sie gewissermaßen, denn das Spiel beinhaltet die Möglichkeit für die Pferde gefahrlos verschiedene Rollen auszuprobieren. Der Unterschied zum echten Drohgesicht liegt im Detail: Zum einen im Anspannungsgrad der Kaumuskulatur und der Kinn-, Lippen und Nüsternregion, zum anderen eben in diesem schnellen Wechsel der Ohrenstellung.

Hoppi Galoppi # 1

Typischer Stellungswechsel

 

Da jagt eben das eine Pferd wie wild im Galopp einem Kumpel hinterher und „bedroht“ es ausdrucksstark mit flach an den Schädel gepressten Ohren. Stellt sich nun der Verfolgte dem*der Verfolger*in im Spiel, so geht diese spielerische Auseinandersetzung oft in eine Sequenz aus gegenseitigem Beißen oder Ansteigen weiter. Sofort ändert sich auch die Ohrenstellung, die Ohren werden gespitzt und nach vorne gestellt. Dieser natürliche Wechsel im Ausdrucksverhalten ist auch bei der Betrachtung von Bodenarbeitssequenzen von großer Bedeutung. Ein wirklich verspieltes Pferd ist in der Lage innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde aus dem scheinbar drohenden Galopp ruhig und freundlich dazustehen. Genau das ist aber bei vielen nicht wirklich spielenden Pferden in der Freiheitsdressur zumeist nicht der Fall. Diese Pferde zeigen ihre Anspannung nicht nur in kurzen Momenten und wechseln dann zu einem entspannten, freudigen Ausdruck, sondern sie verbleiben auch in ruhigeren Momenten ebenfalls in einer Stresshaltung mit verhärteter Muskulatur, nach seitlich hinten gerichteten Ohren und viel Spannung im Bereich der Lippen und Nüstern.

Hoppi Galoppi # 2

Bespielt werden hat nichts mit Spielen zu tun

 

Es ist ein großer Unterschied ob man wirklich aus freien Stücken und fröhlich im Herzen miteinander spielt oder ob der*die eine den*die andere*n bespielt bzw. sich eigentlich hinter dem Begriff „Spiel“ eine Manipulation versteckt. Echtes Spiel lebt von zwei oder mehr gleichberechtigten Partner*innen, die miteinander, aber immer auch unabhängig voneinander agieren dürfen. Die frei in ihrem Handeln sind und sich von der ausgelassenen Stimmung des Augenblicks mitreißen lassen können. Immer wenn wir Vorführungen sehen, etwa in der Freiheitsdressur oder bei der Bodenarbeit bei denen die Pferde der Wahl beraubt werden ob sie sich beteiligen oder sich entziehen können, dann sollte man vorsichtig sein, ob es sich wirklich um ein spielendes Pferd handelt. Auch wenn der Mensch Hilfsmittel wie Seil, Gerte oder Stick benötigt, um das Pferd zu „motivieren“, dann liegt der Verdacht nahe, dass diese Hilfsmittel eher zum Treiben eingesetzt werden. Das echte Spiel braucht keine Androhung von Gewalt und lebt auch nicht von der Verstärkung der „Hilfen“.

Hoppi Galoppi # 3

Spiel braucht immer Freiheit

 

Diese Fotoreihe zeigt ein gemeinsames Laufspiel von Harry und mir. Ich nenne dieses Spiel Hoppigaloppi, denn auch das ist ein typisches Kennzeichen des echten Laufspiels. Der Galopp wird im Spiel verändert, er wird gesprungen, gehoppst und mit einem häufigen Höhö-Brummeln begleitet. Es geht im schnellen Lauf nebeneinander her, mal geradeaus, mal auf eine begleitete Kreislinie. Als würde man sich einander an einem unsichtbaren Band der Spontanität des Augenblicks hingeben. Dieses unsichtbare Band der Verbindung entsteht nur aus dem gegenseitigem Vertrauen und in dem Freiraum, den man seinem*seiner Partner*in zu schenken bereit ist.

Hoppi Galoppi # 4

Auf geht’s zum Toben, ihr Lieben, Marlitt

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AUTHOR: Marlitt Wendt