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RPlus | Clickern allein genügt nicht
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Clickern als Dogma?

 

Das Clickertraining lebt von der Begeisterung seiner Anhänger*innen und der Freude an den vielen kleinen Erfolgserlebnissen, aber eine starke emotionale Bindung zu einer Trainingslehre kann unseren selbstkritischen Blick auch trüben. Welche Abgrenzungen und Abwandlungen haben sich schon innerhalb der Clickergemeinde herausgebildet und welche Impulse von anderen Ausbildungsmethoden finden überhaupt noch Gehör? Wir laufen immer Gefahr es uns in unserer Echokammer gemütlich einzurichten, andere Meinungen, Perspektiven oder Erklärungsmodelle werden so automatisch herausgefiltert.

Wir suchen Antworten auf wichtige Fragen.
Spontan werden wir sie nicht finden.
Wir brauchen Ruhe und Zeit.
Und Selbstreflektion.

Sich wesentlichen Fragen stellen

 

Heute wird es bei R+ ein wenig ernst. Wir stellen uns einige Fragen, deren Beantwortungen uns nicht sofort spontan durch den Kopf gehen werden, sondern die Ruhe und Zeit und eine mutige Selbstreflektion erfordern. Wir möchten jeden dazu anregen über sich selbst und die eigenen Beweggründe genauer nachzudenken und in sich zu gehen, auch wenn es etwas schwerfällt oder sogar wehtun kann. Der gefühlte Schmerz oder das empfundene Unwohlsein kann dabei ein wichtiger Wegweiser auf dem Weg zu unserem authentischen Sein mit dem Pferd darstellen.

On Fire – Clickern aus Überzeugung

 

Wer sich für das Clickern begeistert, gerät schnell in die Konfliktzone zwischen der „reinen Clickerlehre“ und den traditionellen Ausbildungsmethoden. Und eh man sich versieht, steckt man schon in einem Prozess der Anfeindung und Rechtfertigung. Nur zu oft wird es zur reinen Prinzipienreiterei, die weder der Sache an sich noch jedem*jeder einzelnen von uns gut tut, oder als Umgangston gepflegt werden sollte.

Wer bin ich?

 

In dieser hitzigen Diskussion sollten wir zuerst immer unser eigenes Verhalten kritisch hinterfragen: Wofür brenne ich, wofür kämpfe ich oder wofür stehe ich? Oder andersherum: Was ist angeblich so schrecklich an anderen oder im Rückblick an meiner eigenen Vorgeschichte, dass ich mich nun verbrennen muss in dem Wunsch andere anzustecken oder mit dem Verbrennen der eigenen Vergangenheit auf einem Scheiterhaufen Buße zu tun? Wofür kämpfe ich mit denselben Mitteln, die ich an anderen verurteile? Indem ich für mein Pferd nur das Beste will und es vor allem Elend dieser Welt beschützen möchte, sehe ich offenbar nicht mehr, dass ich auf der anderen Seite andere Menschen die vielleicht (noch) nicht clickern beleidige, anklage oder zumindest links liegenlasse?

Gemeinsam ist man stärker als allein

 

Dabei könnte ich mich auf sie einlassen und sie aufrichtig und nicht gönnerhaft auf ihrem Weg zu begleiten. Wofür stehe ich so sehr, dass ich nicht merke, dass ich auf einem verbrannten Schauplatz stehe, einen Feldzug für das Seelenheil meines Pferdes führe oder nur mir selbst ein Denkmal meiner guten Absichten errichte.

Auf Missionierungskurs?

 

Im Namen der Mission ein „besserer“ Mensch zu werden, wählt vermutlich fast jede*r immer mal wieder einen solchen Austragungsort um sich selbst besser zu fühlen. Man muss nur vorsichtig dabei sein, sich nicht vom Feuer blenden zu lassen und dabei komplett blind zu werden für die Bedürfnisse anderer Menschen oder die des eigenen Pferdes. Andersdenkende freundlich zu behandeln ist eben gerade die Essenz des Clickertrainings, niemand fühlt sich hingezogen zu Personen die nur Druck oder Polemik aussenden.

Sich seiner Sehnsucht bewusst werden

 

Wenn wir ganz ehrlich sind, gibt es kein einzelnes Wort welches uns in unserem Handeln umfassend kennzeichnen kann. Niemand ist bei seinen Pferden einzig und allein Clickertrainer*in, selbst wenn man es von Herzen möchte, wird man meist nicht ausschließlich den Weg der positiven Verstärkung nutzen können. Sei es, weil die eigenen Fähigkeiten noch nicht ausreichen, man zu wenig Zeit und Energie mit dem Durchdenken langfristiger Lösungen verbracht hat, Managementmaßnahmen nicht durchführbar sind oder schlicht etwas anderes gerade wichtiger ist. Und das ist menschlich. Wir alle können nur in einem kleinen Umfeld systematisch und durchdacht agieren. Wichtig ist, sich über die zugrunde liegenden Mechanismen bewusst zu werden. Bewusst zu werden, was ich wann tue und warum ich mich gerade jetzt dafür entscheide.

Ganzheitlich denken

 

Clickertraining ist ein tolles Hilfsmittel, aber es ist weder die einzige Methode für eine ganzheitliche, sinnvolle Pferdeausbildung noch das einzige Werkzeug welches den Ansatz der positiven Verstärkung nutzt. Aus unserer Sicht gehören für eine liebevolle Pferdeausbildung und ein fruchtbares Zusammenleben mit dem*der Partner*in Pferd sehr viele Fähigkeiten zusammen.

Alles spielt eine Rolle

 

Es gehört Wissen um die grundlegenden biologischen Mechanismen, das Verhalten des Pferdes oder auch die Biomechanik ebenso dazu, wie die Kenntnis unterschiedlicher Ausbildungstechniken neben dem reinen Clickertraining. Dazu zählen etwa die Nutzung verschiedener Entspannungstechniken und klassischer Konditionierungsprozesse oder die Auswahl geeigneter kognitiver Trainingsansätze. Zudem benötigen wir eine starke Empathiefähigkeit, das Selbstbewusstsein sich selbst zurückzunehmen und dem*der anderen den Platz im Mittelpunkt zu überlassen und eine unbefangene Neugier auf die Persönlichkeit des Pferdes.

Clickertraining – Was ist das?

 

Für uns von R+ geht allein der Begriff „Clickertraining“ etwas in die falsche Richtung. Beide Wortbestandteile drücken weder das aus, was wir als die Kernpunkte der Freundschaft mit Pferden bezeichnen würden, noch können sie die Zielsetzung unserer Arbeit oder unserer Freizeit wiedergeben.

Positives Pferdetraining

 

Der Begriff „Clicker“ bezeichnet ja einfach ein x-beliebiges Markersignal, die Nutzung eines konditionierten, positiv besetzten sekundären Verstärkers. Ich bin ja nicht per se besser oder professioneller nur weil ich mir einen Clicker besorge. Der Clicker an und für sich ist jedenfalls kein Kennzeichen guter oder schlechter Pferdeausbildung. Er kann für bestimmte Einsatzgebiete sehr sinnvoll sein, für andere dagegen eher weniger. Daher wird es entscheidend sein, sich über typische Clickerregeln und Gesetzmäßigkeiten ebenso zu informieren, wie über andere Möglichkeiten mit Markern zu arbeiten, wie auch sogar über Situationen nachzudenken in denen weder Futter noch punktuelle Marker eine Rolle spielen brauchen.

Worum geht es hier?

 

Uns geht es nicht nur um Training, jedenfalls nicht im ursprünglichen Wortsinn, also darum mit unseren Handlungen eine Veränderung beim Pferd verursachen zu wollen. Wir wollen keinesfalls immer einen bewussten Entwicklungsprozess anschieben.

Das Gegenteil von Pudeldressur

 

Der aus dem englischen Sprachraum stammende Begriff „Training“ stand zunächst bevor er in alle möglichen Sinnzusammenhänge vom Wettkampf über Schule bis hin zum Sport übertragen wurde, für eine „Abrichtung und Schulung von Pferden“. Wir denken, dass unsere Beziehungen und Begegnungen mit Pferden nicht stets von diesen Hintergedanken geprägt sein sollten. Wir sehen uns selbst nicht als eine Art Lehrer*in, der*die dem Pferd immer etwas beibringen will und möchten durchaus viele Fähigkeiten, Angewohnheiten und Persönlichkeitsmerkmale des Pferdes weder lenken noch verändern, sondern so belassen wie sie sind.

Das Leben miteinander teilen

 

Wir möchten nicht die Rolle des*der Erziehungsberechtigten für das Pferd übernehmen, wenn wir uns doch gerade daran erfreuen möchten mit einer starken, unabhängigen und erwachsenen Persönlichkeit unser Leben zu teilen. Sicher lernt das Pferd ständig. Wir können also gar nicht vermeiden, dass es sich auch in gewisser Weise ständig verändert und sich an unseren Handlungen orientiert und wir uns gemeinsam in diesem Prozess transformieren. Aber ebenso wie wir vor einigen Sekunde nicht mehr dieselben waren, zu denen wir gerade eben beim Lesen dieses Satzes geworden sind.

Freundschaft ohne Hierarchie?

 

Es macht aus meiner Sicht einen großen emotionalen Unterschied, in welcher Rollenverteilung ich mich selbst in Bezug auf das Pferd sehe, und wie ich eine bestimmte Methode anwenden möchte. Allgemein gilt der Mensch in der klassischen Trainingssituation während einer Clickersession als Trainer*in, also als „Lehrer*in“, während das Pferd der „Trainee“ sein soll, also gewissermaßen der*die Schüler*in und damit derjenige*diejenige der*die etwas lernen soll. Auch der daraus resultierende Erfolg ein „trainiertes“ Tier zu haben ist aus unserer Sicht nicht immer nur positiv zu sehen.

Wo siehst du dich in eurer Beziehung?

 

Allein aus dieser Grundannahme vieler Clickertrainer*innen entsteht letztlich ein Positionsgefälle. Der*Die Trainer*in erhebt sich in gewisser Weise gedanklich über das Tier, er*sie ist derjenige*diejenige der*die den Lernweg steuert, der*die die Situation kontrolliert und gegebenenfalls Entscheidungen über die Belange des Tieres trifft.

Every creature deserves kindness.

Nur allzu oft passiert es dabei, dass ich mich als Trainer*in nur auf meinem konstruierten Weg befinde, von dem ich mich kaum weg bewege, weil ich selbst nicht mehr bereit bin zu erkennen, dass das wahre Leben eben keine eindimensionale Linie ist. Erst der Wechsel der Rollen kann dazu führen, dem*der Partner*in Pferd auf Augenhöhe zu begegnen.

Miteinander kommunizieren

 

Damit gewähren wir ihm seinen ureigenen Einfluss auf den Moment und ermöglichen ihm eben auch die Richtung unseres Lebensweges mitzubestimmen. Erschreckend viele Clickertrainer*innen sind offenbar nicht in der Lage sich selbst in Frage zu stellen und überhaupt auf die Kommunikationsangebote ihres Pferdes zu reagieren. Sie schotten sich gewissermaßen emotional komplett vom Tier ab und lassen es damit zu, dass diese fantastische Methode so zu einem Instrument der einseitigen Abrichtung verkommt. Sie benutzen eigennützig diesen Hebel um lediglich ihre ganz persönlichen Wünsche am Körper des Pferdes zu realisieren.

Clickertraining als Stein der Weisen?

 

Ein Stück weit sind wir alle auf der Suche nach einem Stein der Weisen, einem Zauberstab oder einer guten Fee, welche alle unsere Wünsche erfüllt und unsere Probleme verschwinden lässt, ohne Nebenwirkungen und ohne Nachteile. Etwas das nur das Gute schafft und uns hilft unsere Träume zusammen mit unserem Pferd zu erfüllen. Viele von uns haben gehofft es in der Methode des Clickertrainings zu finden.

Nur ein Wirkmechanismus?

 

Doch wie fast alles im Leben ist auch das Clickertraining letztlich nicht rein positiv und ohne eine Schattenseite. Es ist einfach nur ein Mechanismus und wirkt damit so positiv oder negativ auf das Pferd wie der ausübende Mensch seine Anwendung versteht und verantwortungsvoll anwendet. Nur weil wir uns dem Wunschdenken hingeben, dass alles gut wird, nur weil wir überspitzt gesagt Leckerlis füttern, müssen die verfolgten Ziele, das angestrebte Endergebnis oder auch nur der Lernweg noch lange nicht als angenehm und frei von Stress vom Pferd empfunden werden.

Positive Verstärkung im Kern verstehen

 

Ich habe diesen Text geschrieben, um jedem*jeder von uns Clickerbegeisterten einen Ansporn zu geben, sich immer wieder selbst in Frage zu stellen, sich gegenüber anderen zu positionieren, Andersdenkende nicht zu verurteilen, sondern das Beste aus den eigenen Möglichkeiten zu machen. Aus meiner Sicht hilft es niemanden, am allerwenigsten unseren Pferden, wenn wir einen Grabenkampf untereinander um die beste Methode, die „korrekteste Trainingsform“ oder die richtigen Vorbilder führen. Jede Methode kann letztendlich zum Missbrauch verwendet werden, wenn nur die Methode und unsere Ansprüche Vorrang haben und nicht die Bedürfnisse und Interessen des Pferdes geachtet werden.

Ein Leben lang lernen

 

Wir alle befinden uns weiterhin auf einem unbefestigtem Weg, die Beschäftigung mit den vielen Facetten der positiven Verstärkung ist ein immerwährender Prozess und gleichzeitig eine große Herausforderung an uns. Jede*r von uns wird unterschiedliche Stadien durchlaufen und manches, was er*sie noch vor ein paar Jahren für gut und praktikabel gehalten hat, später noch einmal in Frage stellen und in einer anderen Konstellation vielleicht gänzlich anders lösen.

Wollen wir nicht alle das Gleiche?

 

Alle Entscheidungen im Leben sind vielschichtig, was für den einen in diesem Moment richtig und sinnvoll ist, kann für jemand anders schon einen Schritt in eine problematische Richtung bedeuten. Selbst wenn wir uns einig darüber sind, möglichst viel über positive Verstärkung arbeiten zu wollen, über die Möglichkeiten der Ausführung lässt sich anscheinend immer noch vortrefflich streiten.

Unterschiedliche Wege zum Ziel

 

Während die einen auf keinen Fall eine Management-Maßnahme wie etwa die Nutzung eines Reitplatzes oder eines Halfters mit Führstrick in Erwägung ziehen, kommt es für die anderen auf keinen Fall in Frage das Pferd zu locken, da man hier streng genommen in beiden Fällen den Weg der reinen positiven Verstärkung verlässt. Keine*r ist perfekt, zu der eigenen Unzulänglichkeit, dem fehlenden Wissen und den mangelnden Fähigkeiten, gesellt sich ein Tier mit seinen eigenen Bedürfnissen, Stärken und Schwächen. Jede*r kann nur in seinem*ihrem eigenen Tempo, nach den eigenen Möglichkeiten den „besten“ oder sagen wir besser gangbaren Weg finden. Und das funktioniert in der Regel dann am besten, wenn man nicht zu viel Energie damit verschwendet, sich selbst über Andersdenkende zu erheben oder mit ihnen zu streiten.

Die Rolle des*der Kritiker*in

 

Ein wichtiger Ansatz ist daher möglichst viel über die verschiedenen Trainings- und Ausbildungsmöglichkeiten in Erfahrung zu bringen, ihre Herkunft und auch ihre Vor- und Nachteile zu überdenken bzw. dazu anzuregen, selbst nachzudenken, welche Methode wann denn überhaupt Sinn für das eigene Team machen würde. Ein weiterer Ansatz kann es auch sein, sich mit den Argumenten und durchaus auch Vorwürfen der „Gegenseite“, also der Kritiker*innen der positiven Verstärkung auseinanderzusetzen.

Kritik als Chance

 

Für mich gehört es zu einem selbstkritischen Leben dazu, andere Pferdeliebhaber*innen nicht pauschal für unfähig zu erklären und ihre Argumente einfach wegzuwischen, sondern durchaus auch versuchen sich selbst von ihrer Perspektive aus zu betrachten. Es könnte dabei sogar passieren, dass die Kritik welche uns besonders erregt und uns scheinbar tief verletzt, ein Fünkchen Wahrheit beinhaltet, der wir uns bisher nur nicht zu stellen wagten. Es ist dann hilfreich sich auch dieser Wahrheit und diesem Teil der eigenen Persönlichkeit zu stellen, auch wenn wir diese Quelle der Kritik bislang immer erfolgreich ignorierten.

Einsichten

 

Nützliche Einsichten in unsere Lebensphilosophie und unsere doch sehr subjektive Wahrnehmung erwächst manchmal an den schattigsten Orten. Nur so können wir ein authentisches Leben mit unseren Vorstellungen führen und uns dabei auch berechtigten Sorgen und Ängsten stellen.

Zum Dialog finden

 

Diese finden sich teils in Vorwürfen und Abwertungen der Vertreter*innen anderer Methoden wieder. Wir können lernen sie zu verstehen, zu entkräften und so vielleicht auch viele andere Menschen zu überzeugen ihrerseits ihre Überzeugungen in Frage zu stellen. Erst durch das gegenseitige Zuhören, das ehrliche Ernstnehmen und aufrichtige Verstehen wollen, wird ein Dialog überhaupt möglich. Und nur der Dialog mit anderen Menschen wird uns helfen die positive Kraft der positiven Verstärkung wirklich im Herzen zu verstehen und auch anderen vorzuleben.

Es ist wichtig mit offenem Herzen durchs Leben zu gehen, Marlitt

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AUTHOR: Conny & Marlitt