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RPlus | Motivier dein Tier!
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Motivation erkennen

 

Woher stammen unsere Wünsche, unsere Vorlieben? Das Pferd strebt genauso wie wir nach dem großen Glück. Aber was macht unser Pferd glücklich und wie oft verwechseln wir unsere ureigenen Sehnsüchte mit den Wunschvorstellungen, welche von außen an uns herangetragen werden? Auf der Suche nach den dem Glück der Pferde werden wir ihre innewohnenden Motivationen etwas besser verstehen lernen und unseren Einfluss auf ihr Wohlbefinden bewusster erleben. Die gesunde Balance aus den äußeren und inneren Antrieben kombinieren so für uns und unser Pferd das farbenprächtige Wechselspiel aus Unabhängigkeit und Zugehörigkeit.

Wir unterscheiden zwei Arten der Motivation.

Den äußeren und den inneren Antrieb.

Können wir diese gezielt fördern?

Die Motivation bewusst lenken

 

Ich arbeite aus Überzeugung mit Stimmlob, Kraullob oder Futterbelohnungen. Sie sind sozusagen meine wichtigsten Werkzeuge, wenn ich dem Pferd eine direkte Rückmeldung auf ein bestimmtes Verhalten geben möchte. Gleichzeitig wirken sich all diese Faktoren neben vielen unbewusst, gleichzeitig ablaufenden Mechanismen wie intuitiver Körpersprache, Atmung, Blickrichtung oder Puls nicht nur auf unsere Verhaltensebene, sondern gleichzeitig auch auf die Gefühlsebene, Beziehungsebene und Persönlichkeitsebene aus.

Auf allen Ebenen

 

Es ist für mich zu wenig dem Pferd ausschließlich mit meinen Reaktionen auf seiner Verhaltensebene zu begegnen und meine Vorstellungen in Bezug auf eine Lektion, also ein messbares Verhalten nur so lebendig werden zu lassen, wenn diese sich nicht gleichzeitig positiv auf die anderen Ebenen auswirken. In meiner Praxis möchte ich dem Pferd einen entsprechenden Entwicklungsspielraum lassen und damit die Freiheit für Erfahrungen auf den anderen Ebenen, die ebenso wichtig sind wie das erreichen konkreter, messbarer und für Außenstehende nachvollziehbare Ziele. Denn nur, wenn wir offen bleiben für alle Kommunikationskanäle, können wir erfahren auf welcher Ebene unser Pferd bevorzugt kommuniziert oder am sensibelsten reagiert.

Motivation – Motor des Lebens

 

Auch Pferde streben gewissermaßen immer nach Höherem: Sie wollen ihren eigenen Zustand optimieren und ihre Bedürfnisse befriedigen. Sei es, um ihr eigenes Wohlbefinden zu erlangen oder aufrecht zu erhalten, einen gefühlten Mangel auszugleichen oder ein gestecktes Ziel zu erreichen. Sie sind ständig dem Wortsinn nach motiviert (von lat. movere: bewegen, antreiben). Sie verspüren immerfort innere, emotionale oder neuronale Motive, sozusagen diverse unterschiedliche Absichten etwas Bestimmtes zu tun. Sie verfügen über eine innere Antriebsquelle, die sie zunächst zu Handlungen anregt. Ob sie aber an diesen einmal angeregten Handlungen auch festhalten, das wird erst durch ihre individuelle Kompetenz, einen einmal eingeschlagenen Lernweg fokussiert zu folgen, bestimmt.

Volition – Willensbildung

 

Dieser innere Steuerungsprozess zur bewussten, willentlichen Umsetzung von Zielen wird auch als Volition bezeichnet und steht damit für ihr Durchhaltevermögen ihre Absichten letzlich auch zu realisieren. Motiviert zu sein bedeutet dabei aber nicht zwangsläufig in einer positiven Stimmung zu sein. Es bedeutet lediglich, dass man ein bestimmtes Ziel anstrebt, weil man einen inneren Antrieb dazu verspürt. Auch unserem Pferd kann es so ergehen. Die Motivation und die Volition unseres Pferdes können nämlich ebenso dadurch verstärkt werden einer Bestrafung zu entgehen oder einem einwirkenden Druck nachzugeben.

Wenn ich nur darf, wenn ich soll, aber nie kann, wenn ich will, dann mag ich auch nicht, wenn ich muss. Wenn ich aber darf, wenn ich will, dann mag ich auch, wenn ich soll, und dann kann ich auch, wenn ich muss. Denn schliesslich: Die können sollen, müssen wollen dürfen. Johannes Conrad

In der Praxis

 

Für das Clickertraining sind beide Begriffe von großer Bedeutung, die Motivation ebenso wie die Volition: Das Pferd muss ausreichend motiviert sein, um überhaupt in den von uns gelenkten Lernprozess einzutreten und wir müssen es schaffen, dass seine Volition, seine innere Haltung Widerstände zu überwinden, Ablenkungen zu widerstehen und seine emotionale Ausgeglichenheit zu erhalten von uns bedacht und gefördert werden. In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, wie stark das tatsächliche Erreichen eines Ziels auch von der einzigartigen Trainingshistorie abhängt.

Willensstärke und Handlungsbereitschaft

 

Ganz allgemein gesprochen ist eine wie auch immer geartete neuronale Anregung unseres Pferdes entweder durch ein entstandenes physiologisches Ungleichgewicht oder ein wahrgenommener Sinneseindruck Voraussetzung für eine aufkeimende Handlungsbereitschaft. Wird nun auch noch eine stark empfundene Emotion in unserem Pferd angerührt, sei es durch ein Erlebnis in der Vergangenheit oder durch eine ausgeprägt positive bzw. negative aktuelle Empfindung so wird das Tier mit großer Willensstärke daran gehen seine Ziele auch zu erreichen.

Den Grundstein legen

 

Die Art und Weise wie Pferdetrainer*innen also mit den Grundbedürfnissen des Pferdes, seinen natürlichen Handlungsansätzen umgehen, führt zu tief in der Erinnerung des Pferdes verankerten Emotionen. Diese lenken die späteren Lernerfahrungen und den Umgang des Individuums mit dem Verspüren einer Motivation entscheidend. Ein Pferd welches in seiner Ausbildungsgeschichte häufig die Erfahrung gemacht hat, dass selbstbestimmtes Handeln zu einer Steigerung seiner ureigenen Motive geführt hat, wird auf neue ähnlich gelagerte Situationen anders reagieren, als ein Pferd, welches die Erfahrung gemacht hat, dass selbstbestimmtes Handeln zwar zu einer Veränderung der Situation, aber nicht zur Stillung eines Bedürfnisses geführt hat.

Gutes Training befriedigt auf allen Ebenen

 

Und hier liegt eine der Schwierigkeiten wirklich guten Trainings versteckt: Auch wenn die Belohnung sorgfältig ausgewählt wurde, wir können nie mit Sicherheit im Voraus wissen, ob die von uns gewählte Belohnung, die immer eine extrinsische Motivation darstellt, auch wirklich eine Befriedigung eines Grundmotivs darstellt.

Die Facetten der Motivation

 

Die intrinsische Motivation wird von dem Pferd sehr intensiv erlebt. Deswegen ist es so schwierig z.B. sexuell motiviertes Verhalten über die Erziehung im Griff bekommen zu wollen. Beim Training besteht die Kunst des*der Trainer*in ja immer darin, die Motivation des Tieres zu nutzen, dem Pferd also nahezubringen, dass es sein angestrebtes Ziel auf einem ganz bestimmten Wege erreichen kann. Es soll etwa gerne die Hufe geben, weil es dafür eine Belohnung bekommt und lernt so eine von uns erdachte Assoziationskette: „Wenn mein Mensch Huf sagt und ich dann meinen Fuß hebe, so bekomme ich daraufhin ein Leckerli.“

Bewusste Entscheidungen?

 

Oft genug sieht man aber bei weniger geübten Clickertrainer*innen, dass ihr Pferd zwar hochmotiviert ist, irgendwie an Leckerlis heranzukommen, aber eben eher zufällig an das angestrebte Ziel kommt und das gewünschte Verhalten zeigt. Wirklich zielgerichtet ist das Verhalten erst dann, wenn das Pferd sich auf ein Signal hin für das damit verknüpfte Verhalten entscheidet und nicht herumprobiert, bis es einen Zufallstreffer landet. Hat ein Pferd eine Aufgabe verstanden, dann wird es auch nicht nur der Leckerlihand oder dem Target folgen, sondern selbstständig auf ein einmal für sich erkanntes Ziel hin handeln. Selbstständiges Handeln kann nur in einem von uns gewährtem Freiraum ausgelebt werden, wenn der*die menschliche Trainer*in eben nicht ständig versucht, Verhalten zu initiieren, sondern auch die Eigeninitiative des Pferdes zulässt.

Selbstwirksamkeit erfahren dürfen

 

Beim Menschen weiß man inzwischen, dass es für das persönliche Wohlbefinden unerlässlich ist, sein eigenes Handeln als wirksam zu erleben. Von vielen Forscher*innen wird dies sogar als ein psychisches Grundbedürfnis eingeschätzt. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit wird gestärkt, wenn man erlebt, dass die eigenen Aktivitäten zu einem erwünschten Erfolg geführt haben – und zwar der intrinsischen Motivation folgend und mit der Freiheit dieses Ziel auf seinem ganz persönlichen Weg erreicht zu haben.

Das Mobile-Experiment

 

Ein berühmtes wissenschaftliches Experiment vom Team um J. Watson zeigte schon 1972 an zwei bis acht Monate alten Säuglingen dieses erstaunliche Phänomen. Einer Gruppe von Babys wurde ein Mobile über ihr Bettchen gehängt, welches sie sich ansehen konnten und dessen Drehbewegung sie über die mittels Drucksensoren im Kopfkissen gemessenen Kopfbewegungen steuern konnten. Eine zweite Kontrollgruppe von Babys erhielt ein einfaches Mobile, welches nicht von ihnen gesteuert werden konnte.

Die intrinsische Motivation wecken

 

Es zeigte sich nicht nur, dass diese kleinen Menschen extrem schnell lernten das Mobile nach eigenen Wünschen zu bewegen, es erwies sich außerdem, dass die Kinder sich sehr über die eigenen Fähigkeiten, die selbst gewonnene Kompetenz freuten und dass ihr Interesse an der eigenständigen Steuerung täglich wuchs. Die Kinder der Kontrollgruppe dagegen verloren schon bald das Interesse an dem Spielzeug, da sie keine Möglichkeit hatten mit diesem zu interagieren und ihnen nur die Rolle als passive Beobachter*innen zufiel. Den Babys deren Initiative durch das Feedback des Mobile belohnt wurden, konnten zudem noch Jahre später in einer Vergleichsstudie eine leicht gesteigerte Intelligenz nachgewiesen werden.

Lernprozesse beeinflussen

 

Die moderne Verhaltensbiologie kennt unzählige Beispiele wie die Selbstwirksamkeit die Lernprozesse beeinflusst. Neugier, die Lust am Ausprobieren und das aktive Interagieren mit der Umwelt sind die Quellen aus der sich die Intelligenz aller höheren Säugetiere wie Pferd und Mensch speisen. Für die meisten Clickertrainer*innen steht außer Frage, dass sie bei ihrer Arbeit generell das Gefühl der Selbstwirksamkeit des Pferdes stärken möchten. Ich persönlich glaube, dass das aber nicht immer der Fall sein muss. Es wäre naiv zu glauben, nur weil wir das Pferd nicht mit Druck dazu bewegen, eine bestimmte Handlung zu vollführen oder nicht, es deshalb auch automatisch ein Gefühl von Selbstwirksamkeit verspürt.

Eigeninitiative zulassen

 

Es macht eben einen großen Unterschied, ob aus mir selbst heraus eine Idee erwächst, und ich mir selber einen Weg suche diese dann auch zu verwirklichen, oder ob ich lediglich auf ein bestimmtes Signal, welches von einer anderen Person gegeben wird, reagiere. Clickertraining kann richtig angewandt das Selbstwertgefühl steigern, es wird aber nur bedingt das Gefühl der Selbstwirksamkeit unseres Pferdes fördern. Im Sinne der Selbstbestimmung ist es von entscheidender Bedeutung, immer wieder Phasen der Eigeninitiative des Pferdes zuzulassen. Spielerisch können wir auf die Kreativität des Pferdes eingehen, dabei Verhaltensweisen mit einem direkten Belohnungsfeedback einfangen (capturing) oder aber auch völlig frei den Neigungen der Tieren folgen, sich an ihren Spielen erfreuen oder sogar beteiligen.

Über die intrinsische Motivation…

 

Kritiker*innen des Clickertrainings und Anhänger*innen der konstruktivistischen Lerntheorien (Kernthese dieser wissenschaftlichen Strömung der Lernpsychologie ist: „Lernende schaffen im Lernprozess eine individuelle Repräsentation der Welt“) sehen ein großes Problem im Clickertraining nicht in der Ausrichtung auf das Trainingsergebnis sondern auf die beteiligten Gefühle der vierbeinigen Schüler*innen. Ihrer Ansicht nach wird im Laufe des Trainingsprozesses immer mehr intrinsische Motivation „wegtrainiert“, das Pferd orientiert sich also nach und nach immer weniger an den eigenen Bedürfnissen, Interessen und Talenten, sondern nur noch an den Belohnungen und den damit verknüpften Lektionen und Signalen.

Erziehung contra Selbstbestimmung

 

Nun werden wir sicher nicht komplett ohne Erziehung und Ausbildung, also konditionierte Reaktionen auf einzelne Zeichen auskommen. Pferde müssen in einem gewissen Maße erzogen werden, um in unserer modernen Welt zu Recht zu kommen. Sie dürfen weder sich selbst noch andere in Gefahr bringen. Doch sollte es nicht gerade unsere vornehmste Aufgabe sein unseren Pferden auch dabei zu helfen wie sie ihre höchsteigenen Wünsche verwirklichen können?

Wünsche vereinen

 

Wie so oft liegt die Wahrheit wahrscheinlich in der Mitte, wenn wir uns zu den Pferden begeben und wir in einen Lernprozess eintreten der ja immer von der einen wie auch der anderen Seite dominiert wird. Es gilt auf der einen Seite unsere eigenen Wünsche und Ansprüche an das Pferd mit extrinsischer Motivation so zu verpacken, dass sie vom Pferd gerne umgesetzt werden und es ihm dabei fast so vorkommt, als wäre es seine Idee gewesen diese Verhaltensweise zu zeigen. Dies gelingt dann besonders gut, wenn kleinschrittig gearbeitet wird, und das Pferd immer wieder Erfolg bei unserer gemeinsamen Beschäftigung verspürt, also wir ein möglichst fehlerfreies Lernen ermöglichen. Auf der anderen Seite gibt es jedoch den oft unterschätzen Lernbereich der sich viel stärker auf den Ebenen der Persönlichkeit, der Gefühle und der Beziehung auswirkt. Was soll unser Pferd eigentlich lernen, wenn wir mal die reine Verhaltensebene von Signalen, Lektionen und Verhaltensketten verlassen?

Unser Ziel

 

Wir möchten doch die intrinsische Motivation unserer vierbeinigen Partner*innen stärken gerne mit uns zusammen etwas zu machen. Das Pferd soll aus sich heraus die Nähe zu seinem Menschen als angenehm empfinden, das Lernen als eine spannende Herausforderung erleben und unsere Zuneigung nicht durch abgeleistete Prüfung gewinnen. Über allem steht doch die Freiheit des Pferdes seine Persönlichkeit auch ausleben zu dürfen, seine Neugier, seine Kreativität und seinem Recht auf Selbstbestimmung.

Freiräume bewahren

 

Diesen tiefen Bedürfnissen können wir nur Rechnung tragen, wenn neben unseren strukturierten Trainingsambitionen dem Pferd einen mindestens ebenso großen Freiraum zugestehen der von ihm ausgestaltet und bestimmt werden darf. Und vielleicht lernen wir in dieser Konstellation manchmal mehr über uns selber und unser Pferd, wenn wir buchstäblich mal die Zügel aus der Hand geben.

Ich hoffe ich konnte euch  motivieren, etwas genauer hinzusehen, Marlitt

(1) Link The Impact of Pretend Play on Children’s Development: A Review of the Evidence Angeline S. Lillard, Matthew D. Lerner, Emily J. Hopkins, Rebecca A. Dore, Eric D. Smith, and Carolyn M. Palmquist, 2012

 

(2) Frederick Kanfer, Motivation theory and industrial and organizational psychology, in: M. D. Dunette and L. M. Hough (Eds.), Handbook of industrial and organizational psychology, 2nd ed., Palo Alto, CA: Consulting Psychology Press: 1990)

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AUTHOR: Conny & Marlitt