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RPlus | Ritualisiertes Verhalten unter Hengsten
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Kommentkämpfe beobachten

 

Unter ritualisiertem Verhalten verstehen Biolog*innen Formen des Ausdrucksverhaltens, die einen hohen Grad an Wiedererkennbarkeit haben, wobei sie stark standardisiert ausgeführt werden und weniger von individuellen Wesensmerkmalen der einzelnen Tiere gekennzeichnet sind. Solche ritualisierten Verhaltensweisen findet man beispielsweise im Balzverhalten, aber auch bei Kommentkämpfen, jenen Schaukämpfen im Tierreich, bei denen die Kontrahenten ihre Stärke und Kraft darstellen können, ohne einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt zu sein. Fahr mit der Maus oder deinem Finger über die Abbildungen, um noch mehr Details entdecken zu können.

Zoom

Kommentkämpfe bei Hengsten

 

Treffen sich erwachsene Hengste, so zeigen sie ritualisierte Verhaltensweisen und situationsbedingt können wir auch Elemente des Kommentkampfes beobachten. Es gibt verschiedene charakteristische Verhaltensweisen, die dabei immer wieder präsentiert werden. Körperliche Auseinandersetzungen bewegen sich im Rahmen von der Natur aus festgelegten Verhaltensregeln, die eine gewisse Aggressionshemmung bewirken, um einen Beschädigungskampf so zu vermeiden. Hengste kommunizieren in solchen Schaukämpfen ihre Körperkraft und Fitness ihrem Konkurrenten und den Herdenmitgliedern gegenüber, sie streben in diesem Setting nicht danach ein anderes Pferd aktiv zu verletzen.

Phasen der ritualisierten Auseinandersetzungen

 

Es ist immer wieder interessant, wenn man sich die verschiedenen aufeinanderfolgenden Phasen solcher Interaktionen unter Hengsten vor Augen führt, die wie eine abgestimmte Choreographie ablaufen.

Phase 1

Initialphase

 

In der Regel beobachten sich die beiden Interaktionspartner in der Initialphase aus der sicheren Ferne. Sie stehen aufmerksam und wachsam voneinander entfernt und verdeutlichen ihre Anspannung über Scharren, Schweifschlagen oder dem Aufstampfen mit den Vorderbeinen. Manchmal wird diese einleitende Beobachtungsphase begleitet von lautem Wiehern und den typischen Kontaktrufen unter Hengsten. In dieser Phase findet noch überhaupt kein Körperkontakt statt. Interessanterweise belegen ethologische Studien, dass etwa die Hälfte aller Begegnungen unter Hengsten über dieses Stadium gar nicht hinausgehen, da sie anscheinend bereits alle relevanten Informationen für sich ausgetauscht haben.

Kommentkampf # 1

Initialphase

 

Ein solch aufmerksames Fixieren kann einem Kommentkampf vorausgehen. Der Hengst verrät seine Aufregung hier beispielsweise über die hohe Muskelspannung und die stark verlängerte Oberlippe, die den erhöhten Erregungslevel begleitet.

Phase 2

Einsatz visueller Signale

 

In der zweiten Phase gehen die Kontrahenten in eine etwas direktere Interaktion. Sie stimmen nun ihre Verhaltensweisen aufeinander ab und zeigen deutliche visuelle Signale in standardisierten Bewegungsmustern, den Verhaltensdisplays (siehe hier: Hengstverhalten), wie etwa den parallelen Imponiertrab mit aufbewölbtem Hals und schwebenden Trabtritten. Manchmal traben die Kontrahenten auch mit hoher Aktion aufeinander zu. In dieser Phase präsentieren die Hengste lediglich optisch ihre Fitness, es kommt noch nicht zu Kampfhandlungen.

Kommentkampf # 2

Imponiergehabe

 

Während der Tigerschecke mit seinem aufgewölbten Hals und der Schulhalt-ähnlichen Position besonders groß und mächtig erscheint, demonstriert der Rappe seine Stärke über das Aufstampfen mit dem Vorderbein.

Kommentkampf # 3

Imponiertrab

 

Ein typischer Moment des ritualisierten Kontaktes zeigt den parallelen Imponiertrab. Vor allem der Tigerschecke demonstriert seinen Status über ausladende Trabbewegung, hohe Körperspannung und einen aufgewölbten Hals.

Phase 3

Direkte Geruchsaufnahme

 

In Phase 3 tauschen die Kommentkampf-Partner gegenseitig ihre Duftnoten aus. Dazu beriechen sie sich gegenseitig Nase an Nase, Nase an Schulter oder aber in der Genitalregion. Oft ist diese Phase gekennzeichnet von großer Aufregung, kann von quietschenden Lauten und von kurzen energischen/angedeuteten Abwehrschlägen begleitet sein.

Kommentkampf # 4

Naso-Nasalkontakt

 

Der Geruch des anderen wird intensiv über das Schnuppern an den Nüstern aufgenommen. Meist wechseln sie dabei ihre Rollen und die Tiere blasen sich gegenseitig mit ihrem Atem an.

Kommentkampf # 5

Naso-Geniatalkontakt

 

Gerade das Beriechen des Geniatalbereichs und hier des ausgeschachteten Schlauches verrät den Hengsten wichtige Informationen über die Position und den hormonellen Status des Gegenübers.

Phase 4

Eigentlicher Kommentkampf

 

Erst in Phase 4 kämpfen die Hengste miteinander. Sie demonstrieren ihre Stärke auch hier wiederum über ein stark ritualisiertes Verhaltensrepertoire. Das gegenseitige Ansteigen ist dabei ebenso kennzeichnend, wie das gegenseitige in die Vorderbeine beißen und in die Knie zwingen, ebenso wie das charakteristische umeinander herum Kreiseln. Beendet wird Phase 4 meist über den sogenannten Hinterhandschlag.

Kommentkampf # 6

Ansteigen

 

Das gegenseitige Ansteigen wird meist begleitet von Bissen in die Ganaschen oder den Hals des anderen Pferdes. Oft kann man wie hier im Bild der Rappe beobachten wie einer der beiden in eine ungünstige Position gerät und aus diesem Moment als unterlegen hervorgeht.

Kommentkampf # 7

Hinterhandschlag

 

Ein deutlich ausgeführter Hinterhandschlag dient hier dem Herstellen von Abstand.

Pause nach dem Kampf

 

Nach dem Ende eines solchen Kommentkampfes pausieren die Kontrahenten in der Regel, bevor sie sich einer erneuten Auseinandersetzung stellen. Das erneute Aufflammen eines weiteren Kommentkampfes wird solange fortgeführt bis einer der beiden Kontrahenten der Aufforderung nicht mehr nachkommt.

Schon ziemlich aufregend, oder? Marlitt

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Marlitt Wendt

 

 

Ich bin Verhaltensbiologin und eine Pionierin auf dem Gebiet des Trainings mit positiver Verstärkung für Pferde. Das was zunächst als private Leidenschaft begann, ist seit fast 20 Jahren meine Berufung. Ich habe meinen Traum verwirklicht und durfte mein Wissen und meine Erfahrung als Autorin in vielen Sachbüchern und Fachartikeln veröffentlichen und als Dozentin auf Seminaren im gesamten deutschsprachigen Raum in der Praxis umsetzen. RPlus ist nun die Quintessenz meiner bisherigen Arbeit. Mit RPlus als Idee, positive Verstärkung in ihrer Gesamtheit darzustellen und den Grundgedanken des Gebens wirklich zu leben, veröffentliche ich hier lerntheoretische Inspirationen, meine eigenen Ausbildungskonzepte und persönliche Einblicke in meine Pferdewelt.

Conny Ranz

 

 

Ich bin Pferdefotografin und Grenzgängerin. Mit meiner Kamera bewege ich mich zwischen den Welten. Zwischen Tier und Mensch, zwischen Traum und Realität. Pferde ihrer Natur entsprechend in ihrer ganzen Persönlichkeit zu zeigen, begeistert mich damals wie heute. Dazu bin ich unter anderem europaweit auf den Spuren der Wildpferde unterwegs. Diese Begegnungen erwecken stets den Mut zur Freiheit in mir. Mit meinen Bildern durfte ich bereits an einigen Buchprojekten namhafter Verlage sowie in diversen Pferdemagazinen mitwirken. Vor allem aber verleihe ich damit unserem gemeinsamen Herzensprojekt RPlus aus vollster Überzeugung Flügel.

AUTHOR: Marlitt Wendt