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RPlus | Rolle der Nullposition
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Phänomen Stress bei Pferden verstehen

 

Stress ist ein weit verbreitetes Problem für Pferde. Und viel zu oft ein unerkannter Prozess unter dem die Pferde schleichend oft jahrelang leiden. Das Problem betrifft auch nicht nur Turnierpferde, sondern vom Freizeit- über Zuchtpferde bis hin zu Beistelltieren sind durch die Bank viele Exemplare betroffen. Beispielsweise gehen Forscher bei Magengeschwüren (eine häufige Folge von chronischem Stress) davon aus, dass sogar mehr als 40% der Freizeitpferde unerkannt betroffen sind.

Die typischen stressbedingten Problemfelder haben sich im Laufe der Zeit verschoben:

 

Waren früher eher Turnierpferde betroffen, haben heute auch viele Freizeitreiter enorme Ansprüche an ihre Tiere. Auch Freizeitpferde sind häufigen Stallwechseln ausgesetzt, leiden unter undurchdachten Haltungskonzepten (hier auch besonders die an sich großartigen Offenställen) und sollen reiterlich in vielen Disziplinen glänzen und ihr Können bei Veranstaltungen unter Beweis stellen. Entspricht das Talent des Pferdes und das Können des Reiters auch nicht den eigenen Wünschen ist es meist das Pferd, welches mit Stress auf unrealistische Anforderungen reagiert. Die typischen Problemfelder haben sich zudem verschoben. Während früher aus Unwissenheit oder Mangel an Informationen zu spät oder gar nicht gehandelt wurde, werden heute viel zu viele Hausmittel probiert und das Pferd dabei häufig überlastet. Das Pferd gerät z.B. durch die häufigen Methodenwechsel (sei es Trainer, Hufpfleger oder Sattler) und Wechsel in der Fütterung (auch mit Zusatzstoffen, Müslis etc) gestresst.

Was kann Stress für das Pferd bedeuten?

 

Im Prinzip kann alles Stress für das Pferd bedeuten (zusätzlich zu den oben genannten fallen mir besonders auch die Herdenzusammensetzung, Trennung von Artgenossen und Ausrüstungsgegenstände ein). Ein gewisser Grad an Stress ist im Leben normal. Das Pferd ist dafür gemacht, reize wahrzunehmen und durchaus mit ihnen zurecht zu kommen. Jedes Tier ist jedoch einzigartig, was für das eine noch völlig ok ist, kann für ein anderes ein enormer Stressor sein. Die Empfindlichkeit eines Pferdes auf bestimmte Stressoren ist abhängig von seiner Persönlichkeit, den Vorerfahrungen und natürlich auch der Kombination der unterschiedlichen Stressoren.

Stress und Schmerzen bedingen sich gegenseitig

 

Schmerz ist dabei einer der häufigsten, gravierendsten und am meisten unterschätzter Stressfaktor. Da sich die unterschiedlichen Stressoren durchaus quasi aufsummieren und dann in ihrer Gesamtheit zu den typischen stressbedingten Problemen führen ist es so gefährlich, wenn Schmerzen unerkannt bleiben. Gerade chronische Schmerzen beim Pferd sind aber nicht leicht zu diagnostizieren, der Besitzer gewöhnt sich an den zustand des Tieres und misst ihm zu wenig Bedeutung bei.
Neben den oben genannten gehören auch z.B. Über- oder Unterforderung, Ansprüche an das Pferd und zu wenig Lebenserfahrung in den vom Menschen geforderten Bereichen dazu.
Akuter Stress zeichnet sich dadurch aus, dass er in einem zeitlich begrenzten Rahmen abläuft.Das Stress-Bewältigungssystem des Pferdes ist darauf ausgerichtet, bei Bedarf sofort alle Kräfte zu mobilisieren, um den Körper wieder in seine natürliche Balance zu versetzen.

Akuter Stress

Diesen typischen Mobilisierungsprozess kann man gut an den typischen sicht- oder messbaren Stress-Reaktionen wie einem gesteigerten Herzschlag, einem erhöhten Blutzuckerspiegel oder einer kräftigen Durchblutung erkennen. Ist das Pferd durch die Anpassung seines Verhaltens in der Lage, dem Stressor zu entkommen, so reguliert sich dieser Zustand schnell wieder.

Chronischer Stress

 

Chronischer Stress beginnt immer dann, wenn das Pferd nicht in der Lage ist sein emotionales und physiologisches Gleichgewicht wiederfindet und sich sozusagen ständig in Alarmbereitschaft befindet. Der Körper beginnt dann sozusagen gegen sich selbst zu kämpfen und es kommt zu den stressbedingten Spätfolgen wie Konzentrationsmangel, Lernschwierigkeiten oder nicht eindeutig diagnostizierbaren Krankheitsbildern von Allergien über Verdauungsprobleme bis zu Hautveränderungen. Da Stress das Alarmsystem des Körpers betrifft, kommt es zu all jenen körperlichen Reaktionen die die Abwehrkräfte des Körpers mobilisieren: Es wird keine Zeit mit Nachdenken, Schlafen oder Verdauen verschwendet, sondern das Pferd reagiert mit einem erhöhten Adrenalinspiegel, der zu den schon oben genannten körperlichen Reaktionen führt.
Wann immer mein Pferd über einen längeren Zeitraum auffällig ist, ohne dass klar eine Ursache festgestellt werden kann, sollte ich an stressbedingte Probleme denken. Gerade wenn es unausgeglichen, infektanfällig oder auch schlicht leicht reizbar ist, ist zu vermuten dass es sich nicht ganz wohlfühlt in seiner Haut.

Wohlbefinden oder Stress?

 

Calming Signals sind ein äußeres Anzeichen für einen inneren Zustand des aussendenden Tieres. Sie sind Anzeiger für Unwohlsein, Stress oder Irritation. Das Pferd versucht damit, seine innere Unausgeglichenheit zu verdeutlichen. Sie zeigen so die inneren Konflikte des Pferdes an. Beispiele sind Leerkauen, das Lecken mit der Zunge über das Maul, das Gähnen das Niedrighalten des Kopfes bei eventuell eingeknickten Vorderbeinen, das leichte, seitliche Abknicken der Ohren und das Abwenden des Blickes und Kopfes. Bei all diesen Signalen handelt es sich um doppelt belegte Signale, die einzeln oder miteinander kombiniert vorkommen können. So wird etwa ein Pferd natürlich auch dann gähnen, wenn es müde ist, aber eben auch als Anzeichen für Stress zum Beispiel beim Auftrensen.

Stresstypen

 

Frustration oder Stress zu erkennen ist nicht immer ganz einfach: zunächst müssen wir zwischen aktiven oder extrovertierten und passiven oder introvertierten Stresstypen unterscheiden. Es gibt Pferde, die aktiven Stresstypen, die bei Frust eher herumtänzeln, schnappen oder auch steigen, und andere Pferde, die passiven Stresstypen, welche eher „erstarren“, plötzlich immer langsamer werden und „stur“ oder „faul“ auf den ungeübten Betrachter wirken. Passive Stresstypen wirken auf den Betrachter „ruhig“ und nicht aufgeregt, daher denken die Besitzer häufig, diese Pferde wären stressresistent. Dies trifft jedoch nicht zu. Dieser Stresstyp „frisst seinen Kummer lange in sich hinein“, bis er dann scheinbar unvermittelt hervorbricht. Völlig vermeiden kann niemand Stress beim Pferd, es ist unmöglich, dass es sich nicht einmal einen kurzen Moment über irgendeine Situation aufregt und in Stress gerät. Vermindern können wir chronischen Stress bei Pferden, indem wir die Haltung so naturnah wie irgend möglich gestalten, ihm Zeit geben sein Umfeld zu entdecken und es nicht zu häufigen Wechseln in der Gruppenzusammensetzung aussetzen. Gerade auch das Training sollte positiv gestaltet werden, um dem Pferd keine Angst zu machen und es nicht zusätzlich unter Druck zu setzen.

Stress ist also ein mega vielschichtiges Thema, LG, Marlitt

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Marlitt Wendt

 

 

Ich bin Verhaltensbiologin und eine Pionierin auf dem Gebiet des Trainings mit positiver Verstärkung für Pferde. Das was zunächst als private Leidenschaft begann, ist seit fast 20 Jahren meine Berufung. Ich habe meinen Traum verwirklicht und durfte mein Wissen und meine Erfahrung als Autorin in vielen Sachbüchern und Fachartikeln veröffentlichen und als Dozentin auf Seminaren im gesamten deutschsprachigen Raum in der Praxis umsetzen. RPlus ist nun die Quintessenz meiner bisherigen Arbeit. Mit RPlus als Idee, positive Verstärkung in ihrer Gesamtheit darzustellen und den Grundgedanken des Gebens wirklich zu leben, veröffentliche ich hier lerntheoretische Inspirationen, meine eigenen Ausbildungskonzepte und persönliche Einblicke in meine Pferdewelt.

AUTHOR: Marlitt Wendt